Offener Brief an das Brandenburger Ministerium für Bildung Jugend und Sport

Auch der bündnisgrüne Ortsverband Blankenfelde-Mahlow hat einen offenen Brief an das Brandenburger Ministerium für Bildung, Jugend und Sport unterschrieben und unterstützt die überparteilichen Forderungen vieler Umlandgemeinden zur Unterstützung der BEAR Studie durch die Landesregierung.

Offener Brief an das Brandenburger Ministerium für Bildung Jugend und Sport

Sehr geehrte Frau Ministerin Ernst, sehr geehrte Mitglieder des Landtages,

Messungen am Flughafen Frankfurt haben das Ergebnis internationaler Studien bestätigt: Flughäfen sind Ultrafeinstaub-Hotspots. Am 31. 10. 2020 ist der Flughafen BER in Betrieb gegangen. Aktuell sind aufgrund der Corona-Pandemie nur sehr wenige Flugbewegungen zu verzeichnen, mit dem Erreichen der Vollauslastung des Flughafens wird die Ultrafeinstaub (UFP)-Belastung in der Flughafenregion allerdings deutlich steigen.

Medizinische Studien belegen, dass UFP mindestens so gesundheitsschädlich ist wie der gröbere Feinstaub PM2.5  und aufgrund seiner nachgewiesenen speziellen Eigenschaften – insbesondere die Fähigkeit, in Zellen, Blutstrom und Gewebe (inklusive Zentralnervensystem) einzudringen – Anlass zu besonderer Besorgnis gibt. Während für Feinstaub schon lange Grenzwerte bestehen, gibt es für UFP aktuell keine gesetzlichen Grenzwerte – vor allem, weil epidemiologische Studien zur Quantifizierung der Wirkung fehlen.

Eine Studie in der Region des Flughafens Amsterdam verzeichnete eine Zunahme der täglichen Atemwegsbeschwerden und des Medikamentengebrauchs bei Kindern. Unklar ist allerdings, welche Langzeitfolgen daraus resultieren können.

Hier bietet die aktuelle Situation eine einmalige Chance nachzusteuern und durch Zeitreihen bis zur Vollauslastung des BER Veränderungen im Gesundheitszustand mit veränderten Feinstaub/Ultrafeinstaub – Belastungen – sowohl der Außen- als auch der Innenraumluft – zu korrelieren. Dies ist der Inhalt der BEAR Studie der Charité, die insbesondere die Auswirkungen von UFP auf die Gesundheit und kognitive Entwicklung von Kindern untersucht. Die Studie traf in den betroffenen Gemeinden auf sehr großes Interesse und breite Unterstützung.

Mit Unverständnis haben wir deshalb zur Kenntnis genommen, dass die Durchführung der BEAR-Studie an Brandenburger Schulen durch Ihr Ministerium untersagt wurde. Sie argumentieren, dass “medizinisch-epidemiologische und gesundheitliche Fragestellungen […] keinen direkten Zusammenhang mit den betroffenen Grundschulen aufweisen“ und dass „die angestrebten Ergebnisse der beantragten Studie keinen Einfluss auf die Erziehungs- und Bildungsarbeit von Schulen haben“ werden. Sie legen sogar nahe, dass die Studie der Gesunderhaltung der Schülerinnen und Schüler schaden könnte. Wir können nicht nachvollziehen, wie Sie zu diesen Schlüssen kommen.

Sollte die Studie zum Ergebnis kommen, dass die UFP-Belastung (oder die Belastung durch weitere Schadstoffe und Lärm, die ebenfalls in der Studie untersucht werden) einen Einfluss auf die kognitive Entwicklung der Kinder hat, dann muss das selbstverständlich Konsequenzen haben:

Zum einen muss ein ggfs. festgestelltes Risiko in die Abwägung bezüglich zumutbarer Belastungen für Kinder in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, die in der Nähe des Flughafens  angesiedelt sind, einbezogen werden.

Darüber hinaus würden aus der Studie auch direkte Konsequenzen für die Einrichtungen selbst folgen. Dies betrifft möglicherweise sowohl organisatorische Änderungen im Betriebsablauf der Bildungseinrichtungen, wie Vermeidung von zusätzlichen Schadstoffbelastungen durch Unterrichtsmaterialien oder veränderte Lüftungsregimes als auch bauliche Änderungen wie den Einbau von UFP-beseitigender Filtertechnik für die Lüftungsanlagen der betroffenen Schulen.

Zusätzlich würde die (begleitete) ausführliche Beschäftigung mit Gesundheitsthemen und Physiologie des eigenen Körpers die gesundheitliche Bildung ergänzen sowie Aufmerksamkeit und Wertschätzung für eine gesunde Umwelt und die Gesunderhaltung des eigenen Körpers stärken. Die Studie wird zur wissenschaftlichen Beurteilung der Wirkung von UFP auf empfindliche Personen beitragen. Die Kinder werden aktiv einbezogen und können so frühzeitig den Wert rationaler Argumente und wissenschaftlicher Ansätze erfassen. Dies kann sogar noch durch spezielle Kinderprojekte zu diesem Thema gefördert werden.

Aktuell sind die Wissenschaftler*innen auf die Horte ausgewichen, um die Studie durchzuführen, allerdings ist dies mit wesentlichen Einschränkungen verbunden, die die Aussagekraft der Studie u. U. gefährden: Die Studie soll ca. 400 Kinder umfassen und in den Jahrgangsstufen 3 und 4 durchgeführt werden. Das sind aber die Jahrgänge, die schon spürbar kürzer und weniger in den Horten betreut werden. Damit stehen weniger Zeit und weniger Kinder für die Untersuchungen zur Verfügung als in den Schulen. Sollte man in diesen beiden Jahrgangsstufen, die nötige Teilnehmerzahlen nicht erreichen, war das Ziel, auch die 5. Klasse mit einzubeziehen, dies ist aber an den Horten gar nicht mehr möglich.

Wir fordern Sie daher auf, Ihre Nichtgenehmigung der Studie wieder zurückzuziehen und das Anliegen der Wissenschaftler*innen der Charité erneut und wohlwollend zu prüfen, damit die die Durchführung dieser wichtigen Studie unter optimalen Bedingungen abgesichert werden kann und damit die Chance für unsere Kinder, gesund heranzuwachsen, nachhaltig verbessert werden kann.

https://www.gruene-dahme-spreewald.de/aktuelles/expand/792481/nc/1/dn/1/

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